Recot2® – Spinnverfahren für recycelte Baumwolle
Energieeinsparung
Gebrüder Otto produziert in der eigenen Garnspinnerei, Zwirnerei und Färberei hochwertige Garne und Zwirne vor allem aus Baumwolle. Da die Produktion von Baumwolle jedoch einen sehr großen Wassereinsatz benötigt, hat das Unternehmen das Projekt Recot²® durchgeführt. Dieses hatte zum Ziel, die Ökobilanz eines Baumwolltextils durch die Verwendung von recycelter Baumwolle zu verbessern.
Baumwolle gehört zu den am intensivsten bewirtschafteten Agrarprodukten weltweit. Bedingt durch die klimatischen Anforderungen einer Baumwollpflanze, wird sie in der Regel (zu ca. 80 %) in sehr heißen und trockenen Gegenden angebaut. Um eine optimale Ernte zu erreichen, wird sie künstlich bewässert. Es zeichnet sich bereits heute ab, dass Wassermangel zukünftig eines der größten Probleme weltweit sein wird, insbesondere in Regionen, in denen derzeit Baumwolle angebaut wird. Dort ist Wasser bereits knapp und der Klimawandel wird die Situation noch verschlechtern. Ein weiteres Problem ist der starke Einsatz von Pestiziden im Baumwollanbau, der in hohem Maße Mensch und Natur belastet.
Das Projekt Recot²® hatte das Ziel, die Ökobilanz eines Baumwolltextils durch die Verwendung von recycelter Baumwolle zu verbessern. Die recycelten Baumwollfasern sollten hierfür aus aufbereiteten Produktionsabfällen der verschiedenen Prozessstufen der textilen Wertschöpfungskette gewonnen werden, z. B. aus den in der Spinnerei entstehenden Fadenresten und den Verschnittkanten der Strickerei oder Weberei. Mit der Entwicklung eines neuen Spinnverfahrens sollte die Herstellung eines Baumwollgarns mit einem Anteil recycelter Baumwolle ermöglicht werden. Dieses soll in qualitativer Hinsicht mit einem konventionell hergestellten Baumwollgarn vergleichbar sein.
Um die Ansprüche an Garne des Premiumsektors zu erfüllen, mussten die Kriterien und Anforderungen der verwendeten Materialien in Bezug auf Qualität, Beschaffenheit und Ökologie definiert werden. Weiterhin galt es, in Zusammenarbeit mit der Reißerei Prozessparameter im Hinblick auf eine optimale Verarbeitbarkeit der Rohstoffe in der Spinnerei zu erarbeiten. Eine Festlegung der Qualitätsanforderungen an die Endprodukte wurde in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kunden, die feine Stoffwaren herstellen, ausgearbeitet.
Innerhalb der Spinnerei bestand über den gesamten Produktionsprozess ein Entwicklungs-, Optimierungs- und Anpassungsbedarf.
Größere Umbauten und Investitionen haben maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Im Bereich der Spinnerei war die Entwicklung eines neuen Spinnverfahrens zur optimalen Fasereinbindung notwendig. Durch intensive Forschung und zahlreiche Versuche ist es den Mitarbeitern von Gebrüder Otto gelungen, ein Garn herzustellen, das in der Qualität nahe an einem hochwertigen Baumwollgarn liegt.
Als Kooperationspartner war die Universität Ulm mit der Ausarbeitung einer Ökobilanz nach DIN ISO 14040 dem Unternehmen eine große Hilfe. Der Fokus der Ökobilanz richtete sich dabei insbesondere auf die Bestimmung der Energie- und Wasserverbräuche. Das Projekt Recot2® wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren im Rahmen des Förderschwerpunktes „Umwelttechnik“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) finanziell gefördert.
Für die Produktion von einem Kilogramm Rohbaumwolle werden während der Wachstumsphase der Baumwollpflanze zwischen 10.000 und 17.000 l Wasser benötigt. In sehr trockenen Gebieten kann dieser Wert sogar auf bis zu 29.000 l ansteigen. Neben der Rohstoff- und Chemikalieneinsparung werden bei einem Kilogramm Recot2®-Textilien (Mischungsverhältnis 75 %/25 %; Bio-Baumwolle/recycelte Baumwolle) global gesehen ca. 5.000 l virtuelles Wasser eingespart. Die maximal mögliche Beimengung von recycelten Fasern liegt bei 50 %, d. h. das Einsparpotenzial liegt bei 10.000 l/kg Recot2®-Textilien.
Der Energieaufwand wurde anhand der Herstellung von einem Kilogramm T-Shirts berechnet. Je nach Mischungsverhältnis können mit dem Recot2®-Verfahren zwischen 10 und 20 % Energie im Vergleich zur klassischen Herstellung eingespart werden.
Einsparungen in der Produktion, wie bei Recot2®, führen zwar häufig nur zu vergleichsweise kleinen ökonomischen Einsparungen. Auf der Verkaufsseite, d. h. bei der Sensibilisierung der Endkunden, und im Hinblick auf die Schaffung eines Alleinstellungsmerkmals können sie hingegen einen großen Hebel entwickeln. Daher wurde im Projekt Recot2® großer Wert auf die Entwicklung einer Vermarktungsstrategie für das neuartige Produkt gelegt. Dabei könnte die Vermarktungsstrategie von Recot2® auch für andere Unternehmen wegweisend sein. Dies ist insbesondere in einer Branche, die einem extremen Kostendruck durch asiatische Anbieter unterworfen ist, überlebenswichtig und trägt zum Erhalt der Branche am Standort bei. Durch das innovative Konzept ist es der Firma Gebrüder Otto gelungen, aus der Anonymität eines Garnherstellers hervorzutreten.
Auch die Erschließung neuer Märkte scheint durch dieses neuartige Konzept zu gelingen: der Aspekt der Einsparung von virtuellem Wasser ist in Westeuropa bislang noch kein drängendes Thema - sehr wohl hingegen in Asien.
Das Schließen von Stoffkreisläufen wird derzeit von der Firma Gebrüder Otto in einem weiteren zukunftsträchtigen Projekt fortgeführt. Carbonfasern benötigen in der Herstellung enorme Mengen an Energie. Zudem ist die Entsorgung von Carbonfasern ein bislang noch nicht gelöstes Problem. Aufgrund der Tatsache, dass Carbonfasern- bzw. deren Abfälle biologisch nicht abbaubar sind, ist die Entwicklung eines technischen Kreislaufs aus ökologischer wie ökonomischer Sicht zwingend erforderlich.
Gebrüder Otto produziert in der eigenen Garnspinnerei, Zwirnerei und Färberei hochwertige Garne und Zwirne aus Baumwolle und zellulosischen Fasern in rohweiß, gefärbt, gasiert und/oder merzerisiert. Kunden sind textile Verarbeiter, wie etwa Strickereien, Webereien und Wirkereien, für die Bekleidungsindustrie, wie für den technischen Bereich. Nachhaltige Produkte wie Bio- und Fairtrade-zertifizierte Garne sowie die Eigenmarken Piumafil® und Recot2® erweitern das Produktportfolio.
Basierend auf der langjährigen Erfahrung konzentriert sich Gebrüder Otto zunehmend auf technisch anspruchsvolle Textilien und innovative Produkte.
Die Firma wurde 1901 von den Brüdern Carl und Ernst Otto gegründet und wird seither als Familienunternehmen geführt. In den beiden Werken im oberschwäbischen Dietenheim und Balzheim sind ca. 160 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatz lag 2015 bei rund 21 Mio. Euro.
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