Fallbeispiel
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Ressourceneffizienz unter Hochdruck – Pressen mit Servoantrieb

Ressourceneffiziente 1600 t Servopressenanlage mit Minimalmengenschmierung
450 MWh/a

Energieeinsparung

30 %

Flächeneinsparung

voestalpine beliefert alle namhaften Automobilhersteller mit einbaufertigen Stanz- und Umformteilen, Baugruppen und Sicherheits-/Aufprallschutzkomponenten. Die Firma wollte eine neue Presse anschaffen, die dem hohen Anspruch an Material- und Energieeffizienz gerecht wird. Dieses Ziel wurde erreicht und die Erkenntnisse werden für die Inbetriebnahme anderer Anlagen an anderen Standorten übertragen.

Die voestalpine Automotive Components Dettingen GmbH beliefert alle namhaften Automobilhersteller mit einbaufertigen Stanz- und Umformteilen sowie Baugruppen und Sicherheits-/Aufprallschutzkomponenten. Von kleinen Verstärkungsteilen bis hin zu B-Säulen und Bodenteilen – mit mechanischen und hydraulischen Pressenlinien erzeugt voestalpine in Dettingen/Erms Verstärkungsteile und Baugruppen für Karosserien und Powertrain-Anwendungen. Der Fokus liegt dabei auf kaltumgeformten Strukturteilen und Baugruppen aus Stahl und Aluminium, die dem automobilen Anspruch nach überlegener Sicherheit und Leichtbau im Fahrzeug gerecht werden.

Durch die Erweiterung der Produktpalette wurden neue Prozesse und Anlagen erforderlich, die einen höheren Wirkungsgrad sowie einen verbesserten Leistungs- und Ausstattungsumfang aufweisen sollten. Dementsprechend wurde auch der Bau und Betrieb einer ressourceneffizienten Pressenanlage im Werk Dettingen zur Bearbeitung und Umformung von Stanzteilen für den Automotive-Bereich in Betracht gezogen.

Über den Stand der Technik hinaus wurde bei der Entwicklung der Anlage konsequent auf energie- und materialsparende Komponenten gesetzt. Aus dem Anforderungskonzept ergab sich ein Bedarf für eine 16.000 kN Servo-Transferpresse, die aus mehreren Komponenten modular aufgebaut werden sollte.

Bei der Planung der Pressenanlage sollte auf die in den letzten Jahren etablierte Servopressentechnik zurückgegriffen werden. Diese Werkzeuginnovation stellt einen Technologiesprung dar, da sie den herkömmlichen mechanischen oder hydraulischen Systemen in puncto Produktivität, Flexibilität, Präzision und Energieeffizienz weit überlegen ist.

Es wurde eine neue Pressenanlage zur Kaltbearbeitung von Metall-Bandmaterial errichtet, mit der die Bearbeitungsarten Schneiden/ Stanzen, Biegen/Abkanten, Ziehen, Prägen, Planieren und Einpressen von zugeführten Teilen werkzeugabhängig und in der Regel in kombinierter Form ausgeführt werden können. Die Anlage besteht aus den Maschinenkomponenten Bandanlage, Presse, Transfer und Minimalmengenschmierung. Dabei läuft das Handling der Blechteile vollautomatisch entlang einer Prozesslinie ab. Der modulare Aufbau der Prozesslinie besteht bei der Materialzuführung zur Presse aus Stufenvorschubtransferanlage sowie Platinenlader mit Doppelfeeder und Shuttle.

Vor dem Pressprozess ist auch eine Band-/ Platinen-Beölungseinrichtung (Sprühschleuse) mit Absaugeinrichtung installiert worden. Aufgabe der Bandbeölungsanlage ist es, das der Presse zugeführte Blechband gezielt und genau definiert auf den Bandober- und Bandunterseiten zu beölen. Bei herkömmlichen Systemen, wie beispielsweise Rollenbandölern, ist ein reproduzierbarer und prozesssicherer, minimaler Auftrag nahezu unmöglich. Das neue Sprühsystem ist so gestaltet, dass ein minimaler, bauteilabhängiger Ölmengenauftrag möglich ist und die bei einem konventionellen Sprühsystem entstehenden Aerosole vermieden werden. Das Umformöl wird also nur dort aufgebracht, wo es zur Umformung gebraucht wird. Aufgrund der eingesetzten Zweiphasendüse kann eine Aerosolbildung gegenüber Nadeldüsen mit Breitstrahltechnik deutlich reduziert werden. Zusätzlich wird die Sprüheinheit weitgehend gekapselt, so dass, auch ohne etwaige Absauganlagen, eine dem Stand der Technik entsprechende möglichst geringe Luftbelastung entsteht.

Die eingesetzte Ölmenge kann mit dieser Technik, je nach Bauteil, um bis zu 20 % reduziert werden. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Öl, das nicht aufgebracht wird, hinterher auch nicht aufwendig wieder entfernt werden muss. Dadurch werden weitere Einsparungen bei Folgeprozessen wie dem Entfetten erzielt.

Zum Transport der Bleche wurde eine Bandanlage in Langbauform bestehend aus Walzenvorschubgerät mit höhenverstellbarem Untergestell samt Einlaufrollenkorb mit Bandschlaufenbrücke, Richtmaschine mit Bandschlaufenbrücke und Bandeinführhilfe sowie Haspel und Coilladewagen, jeweils mit Verfahreinrichtung, installiert. Dabei wurde anstelle einer üblichen Schopfschere ein Restbandtreiber in der Anlage verbaut. Dieser ist in der Lage, die nutzbare Materialmenge des eingesetzten Coils zu vergrößern. Bei einer Bandlänge von 1.000 m beträgt dieser Einspareffekt ca. 0,3 %.

Schließlich ermöglicht die Servopressentechnik ein energieeffizientes Betreiben der Presse. Die Energieaufnahme, -speicherung und -abgabe werden über einen Zwischenkreis geregelt. Als Energiespeicher werden rotatorische Speichermedien (Motoren) eingesetzt. Durch das Energiemanagement werden die Spannungsspitzen gegenüber dem Stromnetz geglättet. Die Leistungsaufnahme aus dem Netz entspricht der von konventionellen Stanzautomaten. Somit ergibt sich bei der Servopressenanlage ein Energieverbrauch von 0,095 kW/Hub im Vergleich zu 0,25 kW/Hub bei einer vergleichbaren Presse konventioneller Bauart.

Servopressen sind im Vergleich zu konventionellen Schwungradpressen energieeffiziente und ressourcenschonende Produktionsanlagen. Das betrifft einerseits den Herstellungsprozess beim Anlagenlieferanten und andererseits die Nutzung beim Betreiber.

Die Pressenanlage bei voestalpine verfügt über drehzahlgeregelte und rückspeisefähige Antriebssysteme, intelligente Stand-by- und Pausenschaltung und energieeffiziente Baueinheiten. Der Wirkungsgrad steigt, da bei Servopressen keine Link-Drive-Mechanismen, keine Schwungräder und keine Kupplungen erforderlich sind und damit die Anzahl der verlustbehafteten Elemente gegenüber konventionellen Pressen sinkt.

Der Energieverbrauch lässt sich über die programmierte Stößelkinematik, das der Umformung zugrundeliegende Kraftprofil und die Taktrate steuern. Mit der Möglichkeit der Reduzierung des Stößelhubes auf einen werkzeugabhängigen Mindestwert, d. h. mit einem Übergang von Vollhub auf Pendelhub, lassen sich am Beispiel der Pressen-Leistungsklasse 16.000 kN teilespezifische Einsparungen des Energieverbrauchs in Höhe von 18 bis 32 % erreichen. Im realen Betrieb zeigt sich eine Energieeinsparung bei der Energie pro Hub von mehr als 15 % gegenüber einer konventionellen Presse. Jährlich werden dadurch rund 450 MWh elektrische Energie eingespart.

Neben diesen Energieeinsparungen kommt es durch die begleitenden Maßnahmen bei der Materialzuführung und Beölung zu Materialeinsparungen an Stahl und Umformöl. Schließlich wurde durch die Servopressentechnik trotz verschiedener Materialzuführungsvarianten eine sehr kompakte Bauweise und damit ein minimaler Flächenverbrauch erreicht. Im Vergleich zu einer konventionellen Ausführung konnten knapp 30 % der benötigen Anlagenfläche eingespart werden.

Die gewonnenen Projektierungsergebnisse werden als Basis für weitere Projekte verwendet. Aktuell laufen bereits zwei weitere Pressenanlagen für einen Standort von voestalpine in Cartersville, USA. Die Erfahrungen aus der Projektrealisierung in Dettingen/Erms fließen hier zu 100 % mit ein.

Die voestalpine Automotive Components Dettingen GmbH entwickelt und produziert einbaufertige Stanz- und Umformteile sowie Baugruppen und Sicherheits-/Aufprallschutzkomponenten für die Automobilindustrie. Entsprechend dem automobilen Anspruch nach überlegener Sicherheit und Leichtbau im Fahrzeugbereich werden kaltumgeformte Strukturteile und Baugruppen aus Stahl und Aluminium entwickelt und angefertigt. Das Produktportfolio reicht von Ölwannen, Seitenschutzkomponenten, Getriebeteilen bis hin zu einbaufertigen Schweißgruppen. Von der Entwicklung bis hin zur Großserienfertigung und Qualitätssicherung bekommen die Kunden von voestalpine alles aus einer Hand.

Firmengelände
Das Werksgelände der voestalpine im schönen Ermstal (voestalpine Automotive Components Dettingen GmbH)
Tags
Fertigungsstruktur:
  • Großserienfertigung
Wertschöpfungsaktivität:
  • Produktionsplanung / -steuerung
  • ,
  • Produktionslogistik
Ansatzpunkt / Strategie:
  • GreenTech BW
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  • Werkzeuginnovation
  • ,
  • Prozessoptimierung
Einsparbereich:
  • Energie
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  • Material
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  • Metalle
  • ,
  • Abgas
Amortisationsdauer:
  • taktisch (1 bis 5 Jahre)