Fallbeispiel
100 Betriebe Stagebild grauer Hintergrund

Konsequente, nachhaltige Nutzung von Prozesswärme

Intelligentes Konzept zur Prozesswärmenutzung im Fabrikneubau
30.000 l/a

Heizöleinsparung

78 t/a

CO2-Einsparung

100 MWh/a

Stromeinsparung

Bei einem Fabrikneubau der WERMA Signaltechnik GmbH lag der Fokus auf der Erhöhung der Produktivität und einem Energiekonzept. Besonders Abwärmepotenziale sollten genutzt werden, um möglichst viel Prozessabwärme wiederverwenden zu können. Die Abwärme wird zum Beilspiel als Heiz- oder Kälteenergie genutzt, wodurch Kosten eingespart werden können, z. B. für ansonsten notwendigen Energieeinsatz.

WERMA Signaltechnik ist ein weltweit führender Hersteller von optischen und akustischen Signalgeräten, der sich aufgrund der erfolgreichen Unternehmensentwicklung zu einer Erweiterung der Produktionskapazitäten entschieden hat. Bei der Planung dieses Fabrikneubaus wurden zunächst die bestehenden Prozesse und Abläufe im Rahmen einer Produktivitätsanalyse kritisch hinterfragt und die Möglichkeiten für zukünftige Optimierungen dargestellt. Der Zugewinn an Produktionsfläche ermöglicht die Herstellung von weiteren innovativen Neuprodukten und stellt die Basis für weitere Produktivitätssteigerungen sicher.

Die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten der neuen Räumlichkeiten sowie ein völlig neues Energiekonzept standen bei der Planung im Mittelpunkt. Ziel ist es, die während der Produktion entstehende Prozessabwärme, die sowohl in den Wasserkreisläufen als auch in der Raumluft vorhanden ist, konsequent und durchgängig wiederzuverwenden.

Die Heizungs-, Kühl- und Gebäudetechnik sollte so konzipiert werden, dass ein höchstmöglicher Gesamtwirkungsgrad der zum Betrieb der Prozesse erforderlichen eingesetzten elektrischen Energie ermöglicht wird. Die im Fertigungsprozess entstehende Abwärme sollte dafür gespeichert und bedarfsgerecht als Heiz- oder Kälteenergie genutzt werden. Die Temperaturunterschiede von Tag und Nacht sowie die Schwankungen im Wochenverlauf sollten berücksichtigt werden.

Bereits bei der Auswahl der Planungsbüros für die Gebäudetechnik kommunizierte WERMA konkrete Ideen und Vorstellungen zu nachhaltigen Konzepten für den 4.100 m² umfassenden Fabrikneubau. Dieser Gedanke sollte bei allen Beteiligten im Vordergrund stehen. Die Umsetzung erfolgte mit dem Planungsbüro K+P GmbH & Co. KG aus Tuttlingen.

Die beiden Prozesskühlkreisläufe der Werkzeug- und Hydraulikkühlung der Maschinen mit Temperaturen von 17 °C bzw. 27 °C werden über Wasserbecken mit einem Volumen von jeweils 40 m³ versorgt. Die darin gebundene Wärme wird über Wärmepumpen in ein höheres Temperaturniveau umgewandelt und in großen Wasser-Pufferbehältern (Wärme 16 m³, Kälte 12 m³) gespeichert. Je nach erforderlichem Heiz- oder Kühlfall wird auf die jeweiligen Pufferspeicher zurückgegriffen. Da die reversiblen Wärmepumpen sowohl Wärme als auch Kälte erzeugen können, wird eine besonders hohe Leistungszahl erreicht. Diese wird auf größer sieben geschätzt. Die Kälte wird neben der Kühlung der Prozesse auch wesentlich zur Kühlung der Elektronikfertigung mit starken inneren Wärmelasten und einer Fläche von 700 m² benötigt. Die Raumtemperatur, die 24 °C nicht überschreiten sollte, müsste traditionell durch eine aufwendige Kühlanlage erzeugt werden. Diese kann nun gänzlich entfallen.

Auf eine Wärmeerzeugung über fossile Brennstoffe kann im Fabrikneubau, wie geplant, weitestgehend verzichtet werden. Sie ist nur bei einem Wiederanlauf des Betriebs, z. B. nach Weihnachten oder bei extremen Temperaturverhältnissen, erforderlich. Durch die umfassende Speichertechnik können die in der Region stark ausgeprägten kurzzyklischen Temperaturschwankungen perfekt ausgeglichen werden. Jedes Raumheizungssystem im Neubau und auch zum großen Teil im Bestand wird aus den Wärmespeichern (50 °C) versorgt. Ergänzend entschied sich WERMA dazu, eine Fläche von ungefähr 1.000 m² mit einer Betonkernaktivierung auszustatten. Es ist dadurch möglich, über ein niederes Temperaturniveau von wahlweise 20 bis 27 °C, welches meist direkt aus dem Hydraulikkühlkreislauf genutzt werden kann, einen etwaigen Wärmebedarf zu unterstützen.

Bislang konnte die in der Raumluft gebundene Wärme im Gebäude der Spritzgussproduktion nicht sinnvoll genutzt werden. Eine Erwärmung der Frischluft über die installierte Wärmerückgewinnung (Raum in Raum) ist sehr selten erforderlich. Daher entschied man sich dafür, das benachbarte Gebäude im Bestand über dieselbe Lüftungsanlage zu bedienen und die Erwärmung über die Abwärme aus dem neuen Gebäude umzusetzen. Zudem wird auch die Abwärme der prozessbedingten Absaugeinrichtungen in das Wärmerückgewinnungssystem eingespeist. Übergreifend wurden die beschriebenen Maßnahmen durch einen wesentlichen Ausbau der Gebäudeleittechnik (GLT) begleitet. Diese unterstützt nun mögliche Regelungsmechanismen, Optimierungen der Nutzung und einen laufenden Soll-Ist-Abgleich (Monitoring). Schlussendlich wurde der gesamte Neubau mit stromsparenden LED-Beleuchtungssystemen ausgestattet, die sich regelungstechnisch zudem an die natürlichen Lichtverhältnisse automatisch anpassen.

Durch die Investition in das Abwärmenutzungsnetz und die ausgeprägte, an die zukünftigen Anforderungen angepasste Wärmepumpen- und Speichertechnik wurden Investitionen in weitere fossile Heizanlagen gänzlich vermieden. WERMA geht davon aus, dass der gesamte Neubau mit einer Nutzfläche von 4.100 m² nahezu das ganze Jahr über nur durch die Abwärme beheizt werden kann. Dies vermeidet einen geschätzten Mehrverbrauch an Heizöl von gut 30.000 l pro Jahr, was 78 t CO2-Emmsionen entspricht. Zudem kann auf den Betrieb des bisherigen Kompressor-Kühlaggregates verzichtet werden. Durch die Vermeidung des Einsatzes von weiteren Kühlanlagen, etwa für Spitzenbedarfe sowie die Kühlung im Elektronikbereich, und die moderne LED-Beleuchtungstechnik wurde ein zusätzlicher Stromverbrauch von bis zu 100.000 kWh pro Jahr vermieden. Schließlich konnten auch durch die intelligente Fabrikplanung die Produktionsabläufe noch schlanker gestaltet werden. Dies hat wesentlich zu Einsparungen von Raum und Zeit und einer Verbesserung der Wertschöpfungs- und Logistikprozesse in der Produktion beigetragen.

Kühlbehälter
Kühlbehälter mit je 40.000 Liter für Kühlkreisläufe Kunststofffertigung (WERMA Signaltechnik GmbH + Co. KG)

Um ein nachhaltiges Energiekonzept und die Nutzung der Prozesswärme umzusetzen, ist es notwendig, sich im Vorfeld der konkreten Bauplanungen mit den Anforderungen an die zukunftsgerechte Gebäudetechnik sehr intensiv auseinander zu setzen. Dazu ist es erforderlich, Spezialisten und Partner möglichst früh in das Projekt einzubinden. Zudem war es wichtig, die firmenindividuelle Prozesslandschaft von heute und auch für die Zukunft detailliert zu kennen und den Ist-Zustand zu erfassen. Damit ist detailliertes Messen und Auswerten der vorhandenen Energiemengen verbunden.

Um die höheren Investitionskosten für dieses Energiekonzept zu legitimieren, wurden Detailkonzepte laufend hinterfragt. Zudem wurde von Beginn an der Ausbau des Konzeptes gründlich vorbereitet, wie z. B. der Betrieb eines Blockheizkraftwerks (BHKW) und Nahwärmeleitungen für die Zukunft.

WERMA möchte mit der eigenen Grundhaltung hin zur Nachhaltigkeit für andere Firmen ein weiteres positives Signal setzen. Daher beteiligt sich WERMA an Veranstaltungen und führt auch gerne Interessierte durch die neue Fabrik.

Seit über 65 Jahren entwickelt und fertigt WERMA optische und akustische Signalgeräte. Die schwäbische Firma gibt technologisch und mit zukunftsorientierten Innovationen den Ton an. An sieben Standorten weltweit arbeiten mehr als 310 Mitarbeiter. WERMA Signalgeräte entsprechen höchsten Qualitätsstandards und sind vielfach mit Design-Preisen ausgezeichnet. Sie machen Arbeitsumgebungen sicher und Prozesse effizient – an der Maschine oder der Anlage, in der Fabrikhalle oder am Gebäude.

WERMA stellt Kunststoffteile, Elektroniken, Werkzeuge, Vorrichtungen und Anlagen selbst her – garantiert Made in Germany. Als weltweiter Innovationsführer investiert WERMA stark in die Entwicklung neuer Produkte. Mit einem dichten Vertriebsnetz ist das Unternehmen auf allen internationalen Märkten präsent.

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Fertigungsstruktur:
  • Kleinserienfertigung
Wertschöpfungsaktivität:
  • Unterstützungsprozesse / Gebäudemanagement
Ansatzpunkt / Strategie:
  • GreenTech BW
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  • Energiekonzept
Einsparbereich:
  • Energie
  • ,
  • Abgas
Amortisationsdauer:
  • strategisch (größer 5 Jahre)