Fallbeispiel
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Phenolrückgewinnung aus Abwasser

Rückgewinnung von Phenol durch Abwasserdestillation
150 t/a

Phenoleinsparung

150 t/a

Abwasserreduktion

1.000 l/a

Dieseleinsparung

3 t/a

CO2-Einsparung

Rhein Chemie, ein Teil des Lanxess Konzerns, stellt Produkte für die Gummi-, Kunststoff-, Schmierstoff- und Farbenindustrie her. Bei der Herstellung einer Chemikalie wird eine große Menge an Phenol verwendet, von dem ein Teil im Prozess verloren geht. Einem Team gelang es, ein Verfahren zu entwickeln, das es erlaubt, den Phenolkreislauf zu schließen und die Verluste zu reduzieren.

Kostenvorteile

  • 100.000 bis 200.000 Euro durch Phenoleinsparung
  • 30.000 Euro Entsorgungskosten durch Abwasserreduktion

Am Standort Mannheim produziert der Lanxess - Geschäftsbereich Rhein Chemie Additives eine Chemikalie, die zur Herstellung von verzweigten Polycarbonaten verwendet wird. Polycarbonate kommen beispielsweise bei der Herstellung von Wasserflaschen, Doppelstegplatten und -profilen sowie bei der Fertigung von Gussteilen, Verbundwerkstoffen, Beschichtungen und Kaschierungen zum Einsatz.

Die Chemikalie wird in einem Batch-Verfahren hergestellt und entsteht durch eine stereochemisch sehr anspruchsvolle, mehrstufige Gleichgewichtsreaktion. Phenol, das aus Erdöl hergestellt wird, wird hierbei als Reaktant in großem Überschuss eingesetzt, um so die Reaktion auf die Produktseite hin zu verschieben.

Im Zuge des Verfahrens fallen flüssige Rückstände an, die eine große Menge an Phenol enthalten. Da in den Rückständen neben Phenol auch Alkohole und andere Stoffe enthalten sind, gestaltet sich eine Auftrennung als sehr schwierig. Die Tatsache, dass Phenol toxisch ist, macht eine Entsorgung in der Kläranlage unmöglich. Daher werden die Rückstände der Sondermüllverbrennung zugeführt.

Beim angewendeten Verfahren kommt Phenol im Überschuss zum Einsatz, das heißt, es geht nicht vollständig in der Reaktion auf und könnte recycelt werden. Durch die Wiederverwendung des Phenols wäre es möglich, sowohl die Kosten als auch die Umweltauswirkungen des Prozesses zu senken. Am Markt sind jedoch keine fertigen Lösungen verfügbar, um den Kreislauf zu schließen.

Im Rahmen eines Projektes wurde ein Team mit Mitgliedern aus den Bereichen Produktion, Entwicklung und Verfahrenstechnik zusammengestellt. Gemeinsam wurde nach verfahrenstechnischen Lösungen gesucht, den Überschuss an Phenol zurückzugewinnen. Es wurden verschiedene Alternativen zur Rückgewinnung des Phenols untersucht und evaluiert. Am Ende stand die Entwicklung eines neuen Verfahrens, das es ermöglicht, das Phenol aus dem Abwasser zu entfernen und dem Produktionsprozess wieder als Rohstoff zuzuführen.

Dem Team von Rhein Chemie Additives gelang es, ein Verfahren zu entwickeln, das es erlaubt, den Phenolkreislauf zu schließen. Die eigentliche Kunst des Verfahrens liegt dabei darin, ohne größere Umbaumaßnahmen das bestehende Ensemble an Reaktions- und Vorlagekesseln zu nutzen und die Rückgewinnung des Phenols ohne die Installation zusätzlicher Destillationskolonnen zu realisieren. Dadurch konnte auch auf hohe technische Investitionen verzichtet werden.

Die Abwasserdestillation am Standort Mannheim führt jährlich zu einer Einsparung von 150 t Phenol. Diese haben in Abhängigkeit vom Rohöl-/Rohstoffpreis einen Wert von 100.000 bis 200.000 Euro. Auch auf der Abfallseite machen sich Einsparungen bemerkbar. So fallen pro Jahr ca. 150 t weniger kontaminiertes Abwasser an, wodurch Entsorgungskosten in Höhe von 30.000 Euro eingespart werden können.

Als Nebeneffekt entfallen die mit dem Phenol verbundenen Transporte. Pro Jahr können ca. 12 Tankzugtransporte vermieden werden. Das entspricht ca. 1.000 l Diesel bzw. 3 t CO2 pro Jahr.

Ein tiefes Verständnis für die eigenen Prozesse und deren Zusammenspiel ermöglichte die Entwicklung und Umsetzung der Phenolrückgewinnung. Durch die Kenntnis der Prozesse und deren stetige Analyse konnte ein Verbesserungspotenzial identifiziert werden und schließlich eine Senkung des Rohstoffeinkaufs und -verbrauchs erreicht werden.

Die Phenolrückgewinnung zeigt, dass eine Kaskadennutzung von Stoffen für den gleichen Prozess oder Prozesse mit geringeren Qualitätsansprüchen realisiert werden kann, wenn gezielt nach Ansatzpunkten und Lösungen gesucht wird. Durch den Anstoß eines gezielten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens konnte ein Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen generiert werden.

Rhein Chemie wurde von den beiden Chemikern Dr. Albert Müller und Dr. Hermann Dubois in Waldhof im Jahr 1889 gegründet. Um die Jahrhundertwende stieg das Unternehmen mit Hilfe von Victor Kaufmann in die Gummibranche ein. Angetrieben von der Erfindung des Automobils begannen sie mit der Produktion eines Streckmittels für Naturkautschuk. Dies wurde bereits damals aus nachwachsenden Rohstoffen, wie Raps, produziert.

Heute ist Rhein Chemie Teil des Lanxess Konzerns, der 2005 durch eine Ausgliederung von Bayer entstand. Das Produktportfolio der Rhein Chemie Additives umfasst Produkte für die Gummi-, Kunststoff-, Schmierstoff- und Farbenindustrie. Rhein Chemie Additives unterhält Produktionsstätten in Europa, Asien sowie Nord- und Südamerika. Weltweit sind 1.600 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig, davon 420 in Mannheim.

Tanklager
Tanklager, © VCI (Rhein Chemie Additives, Mannheim, VCI - Verband der Chemischen Industrie e.V.)
Tags
Fertigungsstruktur:
  • Prozessindustrie
Wertschöpfungsaktivität:
  • Entsorgung / Recycling
Ansatzpunkt / Strategie:
  • Stoffkreislauf / Recycling
Einsparbereich:
  • Energie
  • ,
  • Material
  • ,
  • Chemieprodukte
  • ,
  • Abwasser
  • ,
  • Abgas
Amortisationsdauer:
  • operativ (kleiner 1 Jahr)