Fallbeispiel
grafische Elemente

Substitution von Wasserstoffperoxid bei der Aufbereitung von Ätzlösungen

26.000 l/a

Wasserstoffperoxideinsparung

Ein innovatives Verfahren für die Reoxidation von Ätzlösungen lässt sich auf Produktionsmaßstab skalieren.

Kostenvorteile

9.000 EUR/a

Investition

Ca. 44.000 EUR

Die inneren Verdrahtungsebenen (Innenlagen) der bei Würth Elektronik GmbH & Co. KG hergestellten Leiterplatten werden in einem sauren Ätzverfahren hergestellt. Kupferkaschiertes Basismaterial wird mit einem fotoempfindlichen Ätzresist beschichtet. Darauf wird das Layout durch Belichtung einer Schwarz-Weiß-Filmvorlage übertragen. Unbelichtete Stellen des Resists werden wegentwickelt und die dadurch freigegebenen Kupferbereiche abgeätzt. Nach dem Ätzvorgang wird der belichtete Rest-Resist gestrippt und das darunter verbliebene Rest-Kupfer wird als Leiterbahnennetz der Innenlagen freigegeben. Das Ätzmedium besteht aus einer salzsauren Kupferchloridlösung. Beim Ätzprozess geht Kupfer in Lösung. Damit die Ätzreaktion nicht unterbrochen wird, muss in der Lösung entstehendes Kupfer(I)chlorid zu Kupfer(II)chlorid reoxidiert werden. Dazu wird ein Oxidationsmittel eingesetzt, bisher 35- oder 50-prozentige Wasserstoffperoxidlösungen.

Wasserstoffperoxid gilt als gefährliche Chemikalie. Durch Chlorgasbildung bestehen Risiken beim Schutz der Mitarbeiter*innen. Die Lebensdauer der Ätzmodule ist verringert. Bei Reoxidation des Ätzmediums mit Wasserstoffperoxid leidet die Prozessstabilität durch einen Sägezahneffekt im Redoxpotenzial. Durch den Eintrag von Wasser mit dieser Art der Reoxidation ist die Konzentration von Kupfer im Ätzmedium und damit der Verkaufserlös für verbrauchte Ätzlösung beschränkt. Alternative Oxidationsmittel wie Ozon, Natriumchloratlösung oder Chlorgas sind zu teuer oder zu gefährlich. Somit ergab sich der Bedarf, ein besser geeignetes Oxidationsmittel und das dazu passende Verfahren zu finden.

Der Lösungsansatz war eine von einem polnischen Institut entwickelte Apparatur, welche eine Oxidation mit Sauerstoff ermöglicht. Sauerstoff hat den Vorteil, dass es als Oxidationsmittel relativ harmlos ist, keine besonderen Sicherheitseinrichtungen erfordert und zudem preisgünstig erhältlich ist.

Das Verfahren wurde als Prototyp auf der Productronica 2013 vorgestellt. Für Würth Elektronik war nachvollziehbar, dass dieses Verfahren funktionieren müsste. Vor der Installation der ersten Ozonanlage wurde die Ozonleistung empirisch ermittelt und nach Praxiswerten ausgelegt. Es wurde festgestellt, dass der Ozongenerator um den Faktor vier zu klein ausgelegt war, dass das Verfahren jedoch einwandfrei funktionierte. Das Regenerationsmedium besteht aus 90 Prozent Sauerstoff und 10 Prozent Ozon. Ein Großteil des Ätzmediums wird durch den Sauerstoff reoxidiert, das Ozon als extrem starkes Oxidationsmittel wirkt als Reaktionsbeschleuniger.

Durch die Verwendung von Sauerstoff kann der Einsatz gefährlicher Chemikalien vermieden werden. Die Gefahr der Chlorgasbildung konnte eliminiert werden, wodurch der Schutz der Mitarbeiter*innen verbessert wurde und die Lebensdauer des Ätzmoduls in etwa verdoppelt werden konnte. Die Kosten des Sauerstoffs betragen, wenn dieser mit einem Molekularsieb-Generator hergestellt wird, nur 15 Prozent der Kosten für Wasserstoffperoxid. Durch konstante Ätzparameter bei Einsatz des Sauerstoffs können die Leiterbahn-Qualität verbessert und der Sägezahneffekt im Redoxpotenzial vermieden werden. Außerdem sind höhere Konzentrationen von Kupfer im Ätzmedium möglich, was bessere Konditionen beim Verkauf der verbrauchten Ätzlösung in die Entsorgung ermöglicht. Pro Stunde fallen zwischen zwei und fünf Kilogramm zu ätzendes Kupfer an. Durch die Maßnahme können 9.000 Euro pro Jahr eingespart werden. Zudem werden 26.000 Liter 33-prozentige Wasserstoffperoxidlösung eingespart. Pro Kilogramm Kupfer werden 230 Liter reiner Sauerstoff benötigt. Wird Sauerstoff mittels Molekularsieb produziert, liegen die Kosten bei 0,20 Euro pro Kubimeter.

Erste Versuche mit dem Prototyp des Sauerstoffreaktors waren wegen der Dimensionierung der Anlage nicht zufriedenstellend. Normaler Ätzbetrieb konnte nicht aufrechterhalten werden, die Ätzgeschwindigkeit wurde kontinuierlich geringer, das Redoxpotenzial fiel unter 450 Millivolt, der Flüssigkeitsstand im Reaktor war instabil. Eine Neuermittlung der tatsächlichen Reaktorleistung beim Hersteller war notwendig. Auf Basis der Erfahrungen mit dem Prototyp wurde der Produktionsreaktor ausgelegt und dann auch erfolgreich qualifiziert.

Die Würth-Gruppe ist Weltmarktführer in ihrem Kerngeschäft, dem Handel mit Montage- und Befestigungsmaterial. Sie besteht aktuell aus über 400 Gesellschaften in mehr als 80 Ländern. Würth Elektronik gehört zu den erfolgreichsten Gesellschaften der Würth-Gruppe und ist mit drei Unternehmensbereichen auf verschiedenen Märkten international aktiv: Elektronische & Elektromechanische Bauelemente, Leiterplatten und Intelligente Power- und Steuerungssysteme. Die Würth Elektronik GmbH & Co. KG mit den Standorten Niedernhall, Schopfheim und Rot am See gehört dem Unternehmensbereich Leiterplatten an.

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