Fallbeispiel
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Von Verschnitt zum Recyclinggarn – der Mey-Kreislauf

Herstellung von Recyclinggarn aus Produktionsabfall
56 t/a

Baumwolleinsparung

254 t/a

CO2-Einsparung

84.000 m3/a

Wassereinsparung

Die Mey GmbH & Co. KG zeigt für die Textilbranche, dass neue Wege häufig auch neues Denken erfordern und dass innovative Textilproduktion noch möglich ist. Dem Unternehmen ist es gelungen nicht nur seine Abfälle zu reduzieren, sondern auch den Einsatz von Baumwolle zu senken. Dadurch konnten auch erhebliche Mengen an Wasser und CO2 eingespart werden.

Kostenvorteile

45.000 € Kosteneinsparung pro Jahr

Die Mey GmbH & Co. KG in Albstadt ist ein weltweit tätiges Familienunternehmen, das Loungewear, Tag- und Nachtwäsche sowie Dessous herstellt. Vom Garneinkauf, der Flächenerzeugung in der eigenen Strickerei, über die Veredelung und das Zuschneiden bis hin zum fertig konfektionierten Artikel, produziert mey noch immer am Standort in Albstadt.

Der Zuschnitt findet in der textilen Fertigung zwischen der Veredelung der Stoffe (Färben, Bleichen oder Bedrucken) und der Konfektion statt. Bei der Positionierung der Schnittteile auf dem Stoff entsteht zwischen benachbarten Schnittteilen oder zwischen einem Schnittteil und einer Stoffkante der sogenannte Verschnitt, für den es in der Produktion keine weitere Verwendung gibt. Eine optimale Positionierung der Schnittteile auf dem Stoff ermöglicht es, den Verschnitt zu minimieren. Anders als beispielsweise bei Metallen muss bei Textilien jedoch zusätzlich auf die Strickrichtung Rücksicht genommen werden. Die Schnittteile können nicht beliebig gedreht werden, sondern müssen entlang der Strickrichtung ausgerichtet werden.

Die Schnittbildlegung wird durch den Einsatz einer CAD-basierten Optimierungs-Software unterstützt, die dem neusten Stand der Technik entspricht. Damit kann der Verschnitt im Vergleich zur Legung ohne Software- Unterstützung um 5 % reduziert werden. Je nach Artikelgruppe entstehen in der Wäscheproduktion trotz modernster Software-Unterstützung noch immer bis zu 30 % Verschnitt. Dieser Produktionsabfall wurde bisher komplett an eine Recyclingfirma übergeben und weiterverarbeitet. Aufgrund bestehender Prozesse wurden jedoch die hochwertigen Ausgangstextilien meist zu wirtschaftlich minderen Produkten verarbeitet (Downcycling).

Vor diesem Hintergrund setzte man sich bei mey das Ziel, aus den Produktionsabfällen hochwertige Fasern zurückzugewinnen, diese wiederum zu Produkten zu verarbeiten und so einen eigenen Kreislauf aufzubauen.

In der geplanten Maßnahme wird der Verschnitt in einer Reißerei zu Einzelfasern zerrissen und anschließend in mehreren Prozessstufen unter Beimischung von Primärfasern aus Baumwolle wieder zu Garn ausgesponnen. Damit besteht das neue Endprodukt zu 100 % aus Baumwolle, was weitere Recycling- Zyklen vereinfacht und die Lebensphase des Produkts im Vergleich zum Downcycling deutlich verlängert. Mit diesem Projekt strebt mey den Aufbau einer neuen Produktlinie an, die zu mindestens 60 % aus Recyclingfasern besteht und aus eigenen Produktionsabfällen gewonnen wurden.

Damit aus dem anfallenden Verschnitt ein neues Produkt entstehen kann, muss dieser als erster und wichtigster Schritt in der Zuschneiderei sorten- und farbrein sortiert werden. Zunächst konzentriert man sich hierbei auf den Verschnitt von Stoffqualitäten, die zu 100 % aus gebleichter Baumwolle bestehen. Durch eine streng getrennte Sammlung kann einer Verunreinigung durch Fremdfasern frühzeitig vorgebeugt und die Recyclingfähigkeit deutlich verbessert werden.

Anschließend wird der Verschnitt bei einem Partner in einer Reißerei bis zur Einzelfaser mechanisch aufgerissen und für den Transport in die Spinnerei zu Ballen verpresst. Die aufgerissenen und gepressten Baumwollfasern liegen nun in ähnlichem Rohzustand vor wie Frischfasern. Bei der Aufbereitung des Verschnitts fallen ca. 7 % Faseranteile an, die nicht für das Recyclinggarn verwendet werden können, aber für andere Produkte (z. B. Wattepads, Ohrenstäbchen) zum Einsatz kommen.

In der Spinnerei werden nun die Reißfasern mit Baumwollfrischfasern homogenisiert und in weiteren Arbeitsschritten für die Garnherstellung vorbereitet.

Die Beimengung von Frischfasern ist erforderlich, um qualitativ hochwertige Garne zu erhalten, da die Reißfasern durch den Reißprozess verkürzt und die vorangegangenen Veredelungsprozesse für den ursprünglichen Anwendungszweck des Textils die Fasern bereits beansprucht haben. Im nächsten Prozessschritt wird bei mey das gewonnene Garn wieder zu Stoffen verstrickt. Der Stoff wird anschließend bei regionalen Partnern veredelt, bei mey zugeschnitten und zu neuen Artikeln konfektioniert.

Der Anbau von Baumwolle ist wasserintensiv, so werden für 1 kg Fasern rund 1,5 m³ Wasser benötigt. Darüber hinaus muss der Rohstoff aus den Anbaugebieten über weite Strecken transportiert werden. Seit über 35 Jahren bezieht mey seine Baumwolle aus Peru. Durch die optimierte Verschnittsammlung und -sortierung stehen mey pro Jahr etwa 56 t Baumwollfasern zur Verfügung, die recycelt werden können und Primärrohstoff ersetzen. Unter Berücksichtigung der Kosten, die für das Reißen des Verschnitts anfallen, können gegenüber Baumwollfrischfasern abhängig vom aktuellen Baumwollpreis pro Jahr rund 45.000 Euro eingespart werden. Die Einsparung von 56 t Baumwollfrischfasern führt jährlich zu einer Vermeidung von etwa 254 t CO2e. Im Reißprozess entstehen energiebedingte Emissionen von etwa 11 t CO2e pro Jahr, so dass durch die Maßnahme jährlich 243 t CO2e eingespart werden. Darüber hinaus ist damit eine Einsparung von 84.000 m³ Wasser verbunden.

Das höherwertige Recycling aller sortenreinen Baumwollabfälle zu ermöglichen wird angestrebt. Für die erste Phase des Projekts wurde ausschließlich Produktionsabfall der Serie „Noblesse“ aus 100 % gebleichter Baumwolle verwendet. In Zukunft könnte der komplette Verschnitt der Stoffproduktion aus 100 % Baumwolle berücksichtigt werden. Für den Einsatz von gefärbtem Verschnitt sind allerdings weitere Tests mit den Partnern notwendig. Es soll geprüft werden, ob auch bei anderen Stoffqualitäten die für zahlreiche Produkte von mey eingesetzt werden, ein Anteil der Frischfasern ohne eine merkliche Veränderung des Endprodukts substituierbar ist.

Hierfür eignen sich insbesondere die eigenen Basic-Serien, die in konstanten Mengen bei gleichbleibendem Qualitätsniveau vorliegen und sich durch einen hohen Baumwollanteil auszeichnen.

Zur Produktion der ersten Produkte wird mey nicht die komplette Menge des jährlich anfallenden Verschnitts benötigen. Jedoch ist ein Verkauf der nicht benötigten Menge an Garn an Dritte denkbar. Dadurch ließe sich die komplette Menge an gesammeltem Sekundärmaterial nachhaltig verarbeiten.

Die guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Partnern in diesem Projekt bestärken mey darin, die Ressourceneffizienz der eignen Prozesse durch Kooperation weiter zu steigern. So könnten beispielsweise weitere Partnerschaften mit regionalen Unternehmen für andere Recyclingarten, wie z. B. chemisches Recycling (Viskose aus Baumwollverschnitt) geschlossen werden.

Das Unternehmen Mey GmbH & Co. KG ist ein weltweit tätiger Hersteller von Loungewear, Tag- und Nachtwäsche für Damen und Herren sowie Damen-Dessous mit Sitz auf der Schwäbischen Alb in Albstadt-Lautlingen. mey ist ein in 3. und 4. Generation geführtes Familienunternehmen und produziert seit 1928 vom Garneinkauf, über den Stoff und den Zuschnitt bis zum Endprodukt überwiegend in eigenen Werken. Neben Werken in Deutschland unterhält mey eigene Werke in Portugal und Ungarn. mey produziert ausschließlich unter eigenem Namen. Die Produkte werden im Einzelhandel, in eigenen Stores und über den eigenen Online-Shop vertrieben.

Firmengebäude Mey GmbH
mey Standort Albstadt (Mey GmbH & Co. KG)
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