Die Ist-Analyse: Erstellung der Treibhausgasbilanz
Wo befinden Sie sich auf dem Weg zur Klimaneutralität? Am Anfang steht der Corporate Carbon Footprint: Hier erfahren Sie, wie Sie die Grundlage für Ihre betriebliche Klimaschutzstrategie schaffen.
Welche wesentlichen THG-Emissionen verursacht Ihr Unternehmen und wo liegen die Emissionsquellen?
Der unternehmerische THG-Fußabdruck (Corporate Carbon Footprint, CCF) ist die Datenbasis für verschiedene Berichtspflichten.
Der CCF fasst die Informationen aller relevanten Treibhausgasemissionen des betrachteten Unternehmens zusammen. Für die Berichterstattung gibt es verschiedene Standards, zum Beispiel das international häufig genutzte GHG Protocol (Greenhouse Gas Protocol) oder die DIN ISO 14064.
Die Treibhausgasbilanzierung sollte in jedem Fall auf den folgenden Prinzipien aufbauen:
- Relevanz: Stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten THG-Emissionen Ihres Unternehmens erfassen und realistisch wiedergeben.
- Vollständigkeit: Berücksichtigen Sie alle Quellen und Aktivitäten innerhalb der von Ihnen festgelegten Systemgrenzen. Wenn Sie Ausnahmen machen, sollten Sie diese gut begründen und transparent dokumentieren.
- Konsistenz: Verwenden Sie konsistente Methoden, um Ihre Ergebnisse auch über die Jahre vergleichen zu können. Dokumentieren Sie transparent alle Änderungen Ihrer Daten oder Abweichungen von den Methoden.
- Transparenz: Legen Sie alle getroffenen Annahmen offen und dokumentieren Sie die angewandten Berechnungsmethoden und Datenquellen exakt und nachvollziehbar.
- Genauigkeit: Stellen Sie sicher, dass weder eine systematische Über- noch Unterschätzung der errechneten Emissionswerte stattfindet.
Schritte zur Erstellung einer Treibhausgasbilanz
- Legen Sie vor dem Start die Beweggründe und Ziele fest. Diese können von Unternehmen zu Unternehmen ganz unterschiedlich sein und jeweils anderen Anforderungen entsprechen.
- Definieren Sie die operativen und unternehmensspezifischen Systemgrenzen sowie das Berichtsjahr. Die Systemgrenzen bestimmen, welche Bereiche des Unternehmens und der Wertschöpfungskette in die Bilanzierung einbezogen werden. Legen Sie fest, ob ein Produktionsstandort, das ganze Unternehmen oder nur Standorte in Deutschland oder Europa einbezogen werden. Wichtig ist dabei, dass der Bilanzrahmen gut begründbar ist, hierfür (vor allem bei einer ersten Bilanzierung) belastbare Daten vorliegen oder beschafft werden können und keine wesentlichen Emissionsquellen ausgeklammert werden.
- Berechnen Sie den CCF innerhalb Ihrer Systemgrenzen. Der Corporate Carbon Footprint (CCF) beinhaltet drei Bereiche (Scopes): Direkte Emissionen (Scope 1), indirekte Emissionen (Scope 2) sowie Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette auftreten (Scope 3). In der Regel haben Unternehmen den größten Einfluss auf die Emissionen in Scope 1 und Scope 2, in diesen Bereichen liegen auch die direktesten Reduktionspotenziale. Meist liegen die wesentlichen Emissionen in Scope 3, insbesondere bei eingekauften Produkten und Dienstleistungen.
- Verwenden Sie den passenden Emissionsrechner. Verschiedene kostenlose Tools unterstützen Sie bei der Erstellung der Treibhausgasbilanz und Ihres Corporate Carbon Footprints (CCF). Diese Emissionsrechner verwenden Datenbanken mit Emissionsfaktoren, die es ermöglichen, aus Ihren vorliegenden Verbrauchsdaten die jeweiligen Treibhausgas-Emissionen in CO2-Äquivalent zu berechnen.
Unterscheidung von Scope 1, 2 und 3
Scope-1-Emissionen
Direkt durch Ihre Aktivitäten freigesetzte Emissionen, zum Beispiel durch Verbrennungsprozesse (Fuhrpark, Heizung usw.) oder in Produktionsprozessen entstehende Emissionen.
Scope-2-Emissionen
Von externen Anbietern bezogene Energien und dort erzeugte Emissionen, zum Beispiel externer Strombezug und regionale Wärmeversorgung.
Scope-3-Emissionen
Treibhausgasemissionen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen, zum Beispiel durch eingekaufte Produkte und Dienstleistungen, Geschäftsreisen, Wege zur Arbeit und zurück, Verwendung verkaufter Produkte, Transport und Lieferung (Up- und Downstream), Investitionen, Leasingobjekte und Franchise.
Scope-1- und Scope-2-Emissionen müssen bei der Berichterstattung (z.B. mit dem GHG-Protocol) bilanziert werden, während die Bilanzierung der Scope 3-Emissionen optional ist. Auch wenn die Erfassung der Daten für Scope 3 oft schwieriger ist, empfiehlt es sich, diesen Bereich in die Bilanz aufzunehmen.
Übersicht der Scope-3-Emissionen nach dem GHG Protocol
A=vorgelagert, „upstream“, B=nachgelagert, „downstream“
Gewinnung, Produktion und Transport von Waren und Dienstleistungen (soweit nicht in anderen Kategorien erfasst)
Beispiele:
- Cradle-to-gate Carbon Footprint von Produktionsrohstoffen wie Metallen, Chemieprodukten, Agrarrohstoffen oder Betriebsmitteln wie Papier
- Inkl. Emissionen aus Recyclingprozessen
Gewinnung, Herstellung und Transport von Investitionsgütern (soweit nicht in anderen Kategorien erfasst)
Beispiele:
- Cradle-to-gate Carbon Footprint von Maschinen, Gebäuden, Fahrzeugen und Anlagen, die für die Produktion, Weiterverarbeitung oder den Verkauf des finalen Produktes bzw. der finalen Dienstleistung eingesetzt werden
- Inkl. Emissionen aus Recyclingprozessen
-
Gewinnung, Herstellung und Transport der eingekauften Brennstoffe und Energieträger
- Gewinnung, Herstellung und Transport der Brennstoffe und Energieträger, die für die Erzeugung des eingekauften Stroms und Wasserdampfs sowie eingekaufter Wärme und Kühlung eingesetzt werden
-
Übertragungs- und Verteilungsverluste während Transport und Verteilung der eingekauften Energie
- Erzeugung von gekauftem Strom, der an Endverbraucher verkauft wird
Beispiele:
- Cradle-to-Gate Carbon Footprint von direkt im Unternehmen oder bei der Erzeugung eingekaufter Energie verbrauchten Primärenergieträgern wie Erdgas, Heizöl, Benzin, Diesel, Kohle
- Energiehandel: Scope-1-Emissionen aus der Erzeugung des eingekauften Stroms und Wasserdampfs sowie eingekaufter Wärme und Kühlung
-
Transport und Vertrieb von eingekauften Waren zwischen Lieferanten (Tier 1) und dem eigenen Betrieb oder zwischen Unternehmensstandorten in Fahrzeugen, die nicht dem berichtenden Unternehmen gehören oder von ihm betrieben werden
-
Transport- und Vertriebsdienstleistungen (Inbound- und Outbound Logistik), die das berichtende Unternehmen eingekauft hat
Beispiele:
- Scope-1-Emissionen von Transportdienstleistern, die beim Transport auf der Straße, dem Luft- oder Seeweg oder Anlagen entstehen
- Scope-2-Emissionen aus der (Zwischen-)Lagerung der eingekauften Produkte in Lagerhallen, Verteilzentren und Verkaufseinrichtungen
- Optional: Lebenszyklusemissionen aus der Herstellung von Fahrzeugen, Anlagen und Infrastruktur
Behandlung und Entsorgung von Abfällen, die durch die Geschäftstätigkeit in Anlagen entstehen, die nicht im Eigentum oder unter der Kontrolle des berichtenden Unternehmens sind.
Beispiele:
- (Zukünftige) Scope-1- und -2-Emissionen von dritten Unternehmen aus der Behandlung von Entsorgung von im Berichtsjahr anfallenden Produktionsabfällen wie Plastikverpackungen, Chemikalien und Metallen oder Betriebsabfällen wie Papier, Kantinenabfällen und Abwasser
- Optional: Emissionen aus dem Abfalltransport
Geschäftsreisen in Fahrzeugen, die nicht dem Unternehmen gehören oder von ihm betrieben werden.
Beispiele:
- Scope-1-Emissionen der Betreiber von Transportmitteln (Bahn, Flug, ÖPNV, Taxi usw.), die aus den Geschäftsreisen des Unternehmens entstehen
- Optional: Emissionen aus den Hotelübernachtungen der Geschäftsreisenden
Pendeln der Mitarbeitenden zwischen Wohnort und Arbeitsstätte in Fahrzeugen, die nicht dem Unternehmen gehören oder von ihm betrieben werden.
Beispiele:
- Scope-1-Emissionen aus dem täglichen Pendelverkehr der Beschäftigten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte mit eigenem PKW, ÖPNV usw.
- Optional: Emissionen aus Teleworking
Betrieb von Sachanlagen, die durch das Unternehmen geleast oder gemietet wurden und nicht in Scope 1 und Scope 2 erfasst sind.
Beispiele:
- Scope-1- und -2-Emissionen aus dem Betrieb geleaster oder angemieteter Gebäude, Maschinen und Fahrzeuge
- Optional: Lebenszyklusemissionen aus der Herstellung bzw. dem Bau von angemieteten oder geleasten Sachanlagen
Transport und Vertrieb verkaufter Produkte zwischen den Betrieben des berichtenden Unternehmens und Kunden in Fahrzeugen, die nicht im Besitz oder unter der Kontrolle des berichtenden Unternehmens sind (ur dann nachgelagert, wenn das berichtende Unternehmen dafür bezahlt; sonst vorgelagert!)
Beispiele:
- Scope 1 von Transportdienstleistern, die im Kontext des Transports auf der Straße, dem Luft- oder Seeweg oder Anlagen entstehen
- Scope 2 Emissionen aus der (Zwischen-)Lagerung verkaufter Produkte in Lagerhallen, Verteilzentren und Verkaufseinrichtungen
- Optional: Scope-1-Emissionen der Anreise von Endkunden zu Verkaufsstätten
Verarbeitung von Zwischenprodukten durch andere Unternehmen
Beispiele:
- Scope-1- und -2-Emissionen nachgelagerter Unternehmen, die während der Weiterverarbeitung, z.B. von Chemieprodukten oder Produkten der Autozulieferer, entstehen
Endverwendung der verkauften Waren und Dienstleistungen
Beispiele:
- Emissionen aus der Endnutzungsphase verkaufter Produkte über deren erwarteten Lebenszyklus:
- Scope-1-Emissionen von fossil oder biogen betriebenen Fahrzeugen oder Industriemaschinen
- Scope-2-Emissionen von Elektrogeräten, Elektrofahrzeugen und elektrisch betriebenen Maschinen und Anlagen
- Sonstige direkte THG-Emissionen aus der Nutzungsphase, z. B. aus Kühlmittelverlusten von Kühlgeräten
- Optional: Indirekte Emissionen aus der Nutzungsphase verkaufter Produkte, z. B. durch indirekten Energieverbrauch aus der Zubereitung verkaufter Lebensmittel oder dem Waschen und Trocknen verkaufter Kleidung
Abfallentsorgung und -behandlung von verkauften Produkten am Ende des Lebenszyklus
Beispiele:
- Scope-1- und -2-Emission von Abfallmanagement-Unternehmen, die während der Entsorgung und Behandlung verkaufter Produkte am Ende von deren Lebenszyklus anfallen
- Beinhaltet auch die Emissionen aus der Wiedergewinnung von Materialien für das Recycling (Recyclingprozesse an sich fallen jedoch in Kat. 1 und Kat. 2
Betrieb von Vermögenswerten im Besitz des berichtenden Unternehmens, die an andere Unternehmen verleast oder vermietet wurden und nicht in Scope 1 und Scope 2 erfasst sind
Beispiele:
- Scope-1- und -2-Emissionen, die bei Mietern und Leasingnehmern, z. B. durch Energieverbräuche von verleasten Fahrzeugen oder vermieteten Immobilien, anfallen
- Optional: Lebenszyklusemissionen aus der Herstellung oder dem Bau von vermieteten oder verleasten Sachanlagen
Betrieb von Franchise-Geschäftstätigkeiten, bei denen das berichtende Unternehmen als Franchisegeber fungiert (sofern nicht in Scope 1 oder 2 enthalten)
Beispiele:
- Scope-1- und -2-Emissionen von Franchisenehmern, z. B. Energieverbräuche von Betrieben der Systemgastronomie
- Optional: Lebenszyklusemissionen aus dem Bau von Franchise-Betrieben
Geschäftstätigkeiten von Investitionen einschließlich Eigenkapital- und Fremdkapitalinvestitionen sowie Projektfinanzierung, die nicht in Scope 1 oder Scope 2 enthalten sind
Beispiele:
- Emissionen der Empfänger von Investitionen, darunter (anteilige) Scope-1- und -2-Emissionen von Beteiligungen, Kreditnehmern und Empfängern von Projektfinanzierung
- Optional: Scope-3-Emissionen von Investitionsnehmern
Tools, THG-Rechner
scope3analyzer
Ermitteln Sie den Corporate Carbon Footprint Ihres Unternehmens in Scope 1, Scope 2 und Scope 3 upstream.
BWIHK-ecocockpit
Verschaffen Sie sich Überblick über die CO2-Emissionen Ihres Unternehmens.
ESTEM
Ermitteln Sie die Treibhausgas-Einsparungen Ihrer Materialeffizienz-Maßnahmen.
Energiebuch E-Tool
Sammeln Sie Ihre betrieblichen Energiedaten und werten Sie Ihre Verbräuche und CO2-Emissionen aus.